Die Kantonsregierung beantragt dem Landrat, den Gegenvorschlag zum Proporzgesetz «Majorz: Kopf- statt Parteiwahlen» als nicht zulässig zu erklären. Der Regierungsrat stützt sich auf ein Gutachten der Universität Zürich, demnach der gegenvorschlag gegen Kantons- und Bundesverfassung verstösst.
Das Komitee «Majorz: Kopf- statt Parteiwahlen» hat zur landrätlichen Vorlage des Gesetzes über die Verhältniswahl des Landrates (Proporzgesetz) das konstruktive Referendum ergriffen. Die notwendige Unterschriftenzahl von 250 Stimmberechtigten kam zustande.
Nachdem der Regierungsrat Zweifel an der Zulässigkeit des Gegenvorschlages hatte, wurde das Rechtswissenschaftliche Institut der Universität Zürich beauftragt, ein Kurzgutachten zu erstellen. Das Gutachten von Andrea Töndury, Lehrbeauftragter an der Universität Zürich, hält fest, dass das Bundesgericht das Majorzwahlverfahren bis anhin zwar als zulässig erachtet habe, das beantragte Majorzwahlsystem jedoch die Anforderungen an ein «echtes», d.h. systemgerechtes Majorzwahlverfahren nicht erfülle und somit Art. 42 der Kantonsverfassung widerspreche.
Bei einem systemgerechten Majorzwahlverfahren müssten so viele Wahlkreise gebildet werden, wie Sitze im Parlament zu vergeben sind, heisst es in einer Medienmitteilung der Staatskanzlei Nidwalden vom Montag. Die Einführung eines systemgerechten Majorzwahlverfahrens ohne Anpassung der Wahlkreise – aktuell ist jede Gemeinde ein Wahlkreis – sei nicht mit der Bundesverfassung vereinbar. Das vorgeschlagene System führe nicht zu einer angemessenen Abbildung der politischen Kräfte im Landrat: Es wäre möglich, dass politische Minderheiten die absolute Mehrheit im Landrat erringen.
Der Gegenvorschlag «Majorz: Kopf- statt Parteiwahlen» weist gemäss Mitteilung in der konkreten Ausgestaltung nicht zulässige und nicht verbesserbare Mängel auf. So soll bereits im ersten Wahlgang gewählt sein, wer relativ am meisten Stimmen erhalten hat. Das widerspricht der Grundidee des Majorz- oder eben Mehrheitswahlrechts. Auch wird die Regelung des Nachrückens von Nichtgewählten (Art. 13 Abs. 4 des Gegenvorschlages) als Verstoss gegen das Demokratieprinzip gewertet. Nicht gewählten Personen kann kein Landratsmandat zugesprochen werden. Diese Kandidaten wurden ja gerade nicht gewählt.
Der ebenfalls zustande gekommene Gegenvorschlag der SVP enthält gemäss Kantonsregierung nichts, was dem Bundesrecht und der Kantonsverfassung widerspricht. Die Vorlage entspricht auch in formeller Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen gemäss Wahl- und Abstimmungsgesetz.
Da das neue Wahlsystem vor den Landratswahlen 2014 rechtskräftig verabschiedet werden muss, wird die Vorlage voraussichtlich am 3. März 2013 dem Volk zur Abstimmung vorgelegt. Vorgängig entscheidet der Landrat am 24. Oktober 2012 über die Zulässigkeit der beiden Gegenvorschläge. Gegen diese Beschlüsse des Landrates kann von jeder stimmberechtigten Person bis zum 20. November 2012 beim kantonalen Verfassungsgericht Beschwerde eingereicht werden.
Der Gegenvorschlag «Majorz: Kopf- statt Parteiwahlen» sieht vor, dass die Wahlen in den Nidwaldner Landrat nach dem Mehrheitswahlverfahren erfolgen. Für die Wahl ist – es ist immer ein einziger Wahlgang geplant – das relative Mehr massgebend: Gewählt sind die Vorgeschlagenen mit den höchsten Stimmenzahlen. Gemäss Gegenvorschlag sind die Nichtgewählten Ersatzleute in der Reihenfolge der erzielten Stimmen. Scheidet ein Mitglied des Landrates vor Ablauf der Amtsdauer aus, erklärt der Gemeinderat den ersten Ersatz als gewählt. Diese beiden Regelungen sind bisher bei Majorzwahlen von kantonalen Parlamenten nicht bekannt.
pd/zim