Der Lärm rund um das Pfarrhaus stört Heinz Brauchart. Und die Stimmung und der Umgang miteinander haben ihn ernüchtert.
In einem Gemeindebrief teilt der reformierte Buochser Pfarrer Heinz Brauchart seine Kündigung auf Ende April mit. Unter dem Titel «Veränderungen im Gemeindekreis Buochs» nimmt er Bezug auf die Rücktritte aus der Kirchenpflege. Fünf seien es gewesen innerhalb von zwei Jahren, vier davon vorzeitig und zum Teil ohne Vorankündigung. Der Gemeindekreis Buochs umfasst neben Buochs auch Ennetbürgen, Beckenried und Emmetten. «Da fragt man sich: Was ist los in unserer Kirchgemeinde?», schreibt Brauchart.
Vorkommnisse in der Kirchenpflege sowie einige Irritationen und Unstimmigkeiten auf kantonalkirchlicher Ebene seien aber nicht die einzigen Gründe seines Weggangs. Seine Frau und er hätten bereits im Sommer 2019 beschlossen, sich nach einem neuen Wohn- und Arbeitsort umzusehen. Nach zwei Jahren hätten sie festgestellt, dass sie die Lärmimmissionen in der näheren und weiteren Umgebung des Pfarrhauses nicht länger in Kauf nehmen wollten. «Autobahn. Flugbetrieb, Seebeizli von Mai bis September sowie Parkplatz vor dem Haus, Militärübungen am Seeufer, im Sommer Motorboot-, Tourismus- und Badebetrieb und andere Lärmquellen kumulieren sich und beeinträchtigen für uns die Lebensqualität», schreibt der 55-jährige Pfarrer im Gemeindebrief für den Januar. Hinzu komme, dass das Pfarrhaus aus dem Jahr 1934 stark sanierungsbedürftig sei.
Fündig geworden sind Anita Leupi und Heinz Brauchart im Aargau. Auf den 1.Mai übernimmt Brauchart eine Pfarrstelle in Gontenschwil-Zetzwil. Peter Joos (69) aus Beckenried ist seit Sommer 2019 Präsident der Kirchenpflege des Gemeindekreises Buochs, einem von drei Kreisen innerhalb der Evangelisch-Reformierten Kirche Nidwalden. Er denkt, dass die Wohnsituation wahrscheinlich der wichtigere Punkt für das Ehepaar Brauchart-Leupi sei. «Wir haben versucht, eine Lösung zu finden», sagt Joos im Gespräch mit unserer Zeitung. Doch kurzfristig habe sich diese nicht realisieren lassen. Man habe die Wohnsitzpflicht im Pfarrhaus aufgehoben, doch sei es nicht gelungen in Buochs, Beckenried, Emmetten oder Ennetbürgen etwas Passendes zu finden.
Es sei geplant, das Pfarrhaus, in dem auch das Sekretariat untergebracht ist, zu sanieren. «Das Projekt ist am Laufen, braucht aber seine Zeit», sagt Joos. «Und auch wenn das Pfarrhaus baulich instandgesetzt ist, wären die äusseren Immissionen doch noch nicht weg.»
Heinz Brauchart wollte gegenüber unserer Zeitung nicht im Detail Stellung zum Inhalt des Gemeindebriefes nehmen. In einem Interview in den Kirchen-News gibt er ausführlicher Auskunft. In diesen Tagen ist die neuste Ausgabe des Magazins erschienen, deren Herausgeberin die Evangelisch-Reformierte Kirche Nidwalden ist. Seine Bedenken hätten schon im Sommer 2018 begonnen, erzählt er dort. Abgesehen von den Lärmimmissionen sei er auch von der Stimmung und dem Umgang miteinander ernüchtert worden. Fehlende oder indirekte Kommunikation mit Gerüchten, Halbwahrheiten, Missverständnissen und Verurteilungen führten in der ganzen Nidwaldner Kirche zu einem Klima des Misstrauens. Um Konflikte zu bewältigen, sei der direkte «Dienstweg» wichtig. Er finde es schade, dass ihm einige Leute nicht direkt mitgeteilt hätten, was sie stört. Mit Gottes Hilfe, Geduld und offenen Gesprächen könne man vieles besser machen. Und nimmt sich dabei nicht aus:
«Ich habe mit meiner manchmal heftigen Art sicher Menschen verunsichert und zu wenig wertgeschätzt.»
Peter Joos kennt Heinz Brauchart seit etwa zwei Jahren. Er sei ihm auch privat verbunden, habe ihn bei der Publikation des Buches «Kleine Gottgefälligkeiten» unterstützt und mit ihm Israel besucht. «Ich nehme ihn als kritischen Geist wahr», sagt Joos, was er positiv werte. «Er ist ein guter Zuhörer und fragt nach. Er kann aber auch prägnant Stellung beziehen.»
Ein Thema sind auch mehrere Rücktritte aus der Kirchenpflege innert kurzer Zeit. An einer Retraite der Kirchenpflege Buochs vor zwei Jahren habe man sich mit den Voraussetzungen beschäftigt, um bei der Kirche gerne dabei zu sein. Damals habe sich niemand kritisch oder negativ geäussert, doch sei ab Sommer 2018 ein Rücktritt dem anderen gefolgt, sagt Heinz Brauchart in den Kirchen-News. Rund um den neuen Präsidenten Peter Joos habe man neue Leute gewinnen können. Doch Ende 2019 habe es einen weiteren vorzeitigen Rücktritt gegeben.
«Ich persönlich habe gut mit Heinz Brauchart zusammengearbeitet», hält Peter Joos fest. «Wir ergänzen uns gut.» Was er schätze und der Pfarrer wohl auch, sei, dass der Gemeindekreis partnerschaftlich geleitet werde. Braucharts Kündigung sei ein Schock für alle, die mit ihm gut und gern zusammengearbeitet haben. Die Kirchenpflege bedauert es ebenfalls, verliere man mit Heinz Brauchart doch einen beliebten Pfarrer, der mit seinen Predigten und seinem seelsorgerischen Engagement die Leute erreicht habe. In der Kirchenpflege habe man zur Zeit zwei Vakanzen, für die man auf der Suche nach Ersatz sei.
Eine Nachfolge braucht es auch für Heinz Brauchart. Dafür seien zwei Kommissionen gebildet worden, sagt Wolfgang Gaede. Er ist Präsident des Kirchenrats, dem Leitungsgremium der Gesamtkirche in Nidwalden. «Eine Kommission sucht einen Stellvertreter, der möglichst auf den 1.April beginnen soll», sagt Gaede im Gespräch mit unserer Zeitung. «Wir werden die Pfarrstelle auf jeden Fall wieder besetzen», betont er. Darum kümmere sich eine Pfarrwahlkommission.
Gaede geht davon aus, dass es wohl Anfang 2021 werde, bis die Nachfolge bestimmt ist. In seinem Gemeindebrief dankt Heinz Brauchart ausdrücklich allen, die ihm begegnet sind und die mit ihm zusammengearbeitet haben. «Wir wollen versuchen, ihm einen guten Abgang zu bereiten», sagt Peter Joos. Dazu soll nicht zuletzt der Abschiedsgottesdienst am 29.März um 17Uhr in der reformierten Kirche Buochs dienen.