Nidwalden
Kollegischüler nehmen die «Ehe für alle»-Vorlage deutlich an

Sie sind zwar noch nicht stimmberechtigt. Trotzdem haben sich rund 90 Kollegischüler engagiert an der Diskussion zur Vorlage «Ehe für alle» beteiligt. Anlass dazu war auch ein bestimmter Jahrestag.

Matthias Piazza
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Unter der Leitung von Reto Mitteregger (Mitte) diskutierten (von links) Marcus Haug, Timmy Frischknecht, Jana Avanzini und Luca Boog.

Unter der Leitung von Reto Mitteregger (Mitte) diskutierten (von links) Marcus Haug, Timmy Frischknecht, Jana Avanzini und Luca Boog.

Bild: Urs Hanhart (Stans, 13. September 2021)

Mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 80 Prozent ist die Vorlage «Ehe für alle» angenommen – zumindest, wenn es nach den rund 90 Kollegischülern, mehrheitlich des vierten Jahres, geht. Elf Prozent votierten für ein Nein, neun Prozent sind unentschlossen. Die Abstimmung stand am Schluss einer angeregten, engagierten Diskussion, welche der gemeinnützige Verein Discuss it, der die politische Bildung fördern möchte, am Montagvormittag im Kollegi Stans durchgeführt hat.

Sollen gleichgeschlechtliche Paare in der Schweiz künftig heiraten dürfen und damit den heterosexuellen Paaren gleichgestellt werden, auch bei der Familiengründung? Bei einem Ja zur eidgenössischen Vorlage, über die in rund zwei Wochen abgestimmt wird, wäre dies fortan der Fall. Homosexuelle Paare würden bei einem Ja zudem gemeinsam ein Kind adoptieren können. Ausserdem würden verheiratete Frauenpaare Zugang zur gesetzlich geregelten Samenspende erhalten.

Die Frage nach der «Ehe für alle» trieb auch die teilnehmenden Kollegischüler um, auch wenn diese mit 15 oder 16 Jahren noch gar nicht stimmberechtigt sind. Interessiert verfolgten sie den Schlagabtausch der vier Podiumsteilnehmer. Unter der Leitung von Reto Mitteregger von Discuss it diskutierten die Luzerner Journalistin Jana Avanzini und Luca Boog, Präsident der Jungen Mitte des Kantons Luzern (Pro) und Timmy Frischknecht, Junge EDU Romanshorn, sowie Marcus Haug, Arzt, Vater und Ehemann aus Hergiswil (Kontra). Der Anlass wurde beinahe passend zum internationalen Tag der Demokratie abgehalten, der auf den kommenden Mittwoch fällt.

Gleichstellung oder Pseudoehe?

«Die ‹Ehe für alle› ist nichts anderes als Gleichstellung für alle», war für Luca Boog klar. Damit würden Ungerechtigkeiten aus der Welt geschafft, auch für Kinder von solchen Paaren, die sonst unter einer schlechten Rechtssicherheit leiden würden. Anders sah dies Marcus Haug. «Die ‹Ehe für alle› ist eine Pseudoehe für alle. Die Ungleichheit bleibt bestehen.» Seiner Ansicht nach muss die Ehe nicht neu definiert werden, da gebe es andere Möglichkeiten.

Feministin Jana Avanzini fand, dass weder ein Mann noch eine Frau ein besserer Elternteil ist. Auch bei einem gleichgeschlechtlichen Paar habe ein Kind genug männliche und weibliche Bezugspersonen. Dies liess Timmy Frischknecht nicht gelten. Ein Kind könnte eine bessere Ausgangslage haben als mit Eltern des gleichen Geschlechts. «Männer sind die besseren Väter, Frauen die besseren Mütter.» Für Luca Boog ist wichtig, wie wohlbehütet das Kind aufwächst und welche Zuneigung es erfährt. Dabei sei zweitrangig, ob die Eltern gleichgeschlechtlich seien oder nicht. Für Timmy Frischknecht ist jedoch klar: «Im Idealfall hat's ein Kind besser bei einem heterosexuellen Paar.» Gegen die Vorlage spreche auch, dass das Kind das Recht haben solle, zu wissen, wer der biologische Vater sei. Für Luca Boog schafft man mit der Gesetzesänderung die rechtlichen Rahmenbedingungen für Samenspenden, welche heute sowieso schon stattfinden würden. «Lesbische Paare gehen dafür jetzt einfach ins Ausland. Gemacht wird es trotzdem.»

Das Thema betrifft die Jugendlichen

«Es ist wichtig, zu seiner Meinung zu stehen und trotzdem andere Meinungen anzuhören, auch wenn man damit gar nicht einverstanden ist», sagte im Anschluss Sofia Niederberger (16) auf die Frage, was sie von der Veranstaltung mitgenommen habe. Für den politischen Meinungsbildungsprozess sei dieser Anlass sehr wertvoll, auch wenn sie sich ihre eigene Meinung zum Thema schon gemacht habe.

«Im Rahmen der politischen Bildung im Fach Geschichte führen wir mit den Viertklässlern jedes Jahr einen passenden Anlass durch», sagte dazu der zuständige Lehrer Peter Lussy. Wegen Corona war ein Besuch im Bundeshaus auch heuer nicht möglich, der Diskussionsanlass hingegen schon. Sein Fazit fiel positiv aus. «Die Vorlage dreht sich um Fragen rund um Beziehung und Identität. Das betrifft die Jugendlichen.»