Öffentliches Beschaffungswesen
Qualität ist wichtiger als der Preis

Nidwalden will der neuen Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen beitreten. Zuerst muss dafür aber das kantonale Gesetz angepasst werden. Der Entwurf dazu passierte die erste Lesung.

Philipp Unterschütz
Drucken

Das öffentliche Beschaffungsrecht – auch Submissionsrecht genannt – ordnet ein wesentliches Segment der Schweizerischen Volkswirtschaft. Öffentliche Beschaffungen der Schweiz betragen derzeit schätzungsweise rund 41 Milliarden Franken jährlich. Davon erfolgen rund 20 Prozent durch den Bund und rund 80 Prozent durch die Kantone und die Gemeinden. Wie die Regierung in ihrem Bericht an den Landrat schreibt, habe die Baudirektion als grösste Beschaffungsstelle des Kantons Nidwalden in den Jahren 2020 und 2021 Beschaffungen von 35,7 Millionen, beziehungsweise 27,3 Millionen Franken getätigt.

Ein wichtiges Element in diesem Bereich ist die «neue» Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen von 2019, der Nidwalden beitreten will. Bevor der Landrat über den geplanten Beitritt entscheiden kann, muss aber zuerst eine Totalrevision der kantonalen Submissionsgesetzgebung erfolgen. Wie die Vernehmlassung der Regierung zeigte, wird der Beitritt zur Interkantonalen Vereinbarung durchwegs von allen Parteien und Interessenvertretern begrüsst.

Gut kommt vor allem der Paradigmenwechsel an, der mit der nötigen Revision des kantonalen Gesetzes verbunden ist. Dass sich der Kanton analog der nationalen Gesetzgebung weg vom reinen Preisfokus hin zu einem Qualitätswettbewerb bewegt, werde gar als Chance taxiert, hält die Regierung in ihrem Bericht fest. Preis-Dumping soll nicht mehr möglich sein, soziale und ökologische Standards sollen eingehalten werden. Zudem wird mehr Nachhaltigkeit und mehr Innovation gefordert.

Zwei Anträge gaben zu diskutieren

Trotzdem gab der Gesetzesentwurf am Mittwoch in der ersten Lesung im Landrat zu reden. Es ging um zwei Anträge für Klauseln, die in den Entwurf der Regierung aufgenommen werden sollten.

Mit der Preisniveau-Klausel sollen die unterschiedlichen Preisniveaus in den Ländern, in welchen die Leistung erbracht wird, als Zuschlagskriterium bei der Bewertung eines Angebots berücksichtigt werden. Das bewirkt, dass bei ausländischen Firmen das im Vergleich zur Schweiz und unter den ausländischen Mitbewerbern ebenfalls unterschiedliche Preisniveau in den jeweiligen Herkunftsländern berücksichtigt wird.

Obwohl dieses Kriterium in der Vernehmlassung gefordert worden war, hatte sich die Regierung wegen «Unklarheiten und Schwierigkeiten der Umsetzung» dagegen entschieden. Die Regierung könne aber damit leben, wenn sich der Landrat dafür entscheide, sagte Baudirektorin Therese Rotzer. Sie wies zudem darauf hin, dass kaum ausländische Unternehmungen an Ausschreibungen in Nidwalden teilnehmen würden.

Bei öffentlichen Bauten – im Bild der Kreisel Schürmatt – kommt das Submissionsrecht zur Anwendung.

Bei öffentlichen Bauten – im Bild der Kreisel Schürmatt – kommt das Submissionsrecht zur Anwendung.

PD (Stansstad, 11. 3. 2021)

Die vorberatende Kommission Bau, Planung, Landwirtschaft und Umwelt (BUL) unterstützte den Antrag trotzdem einstimmig. Der damit verbundene Aufwand bei Ausschreibungen würde sich auf Einzelfälle beschränken und in diesen Fällen sinnvoll sein. Auch die Fraktionen sprachen sich dafür aus. In der Schlussabstimmung wurde die Preisniveau-Klausel mit 54 Ja gegen 3 Nein ins Gesetz aufgenommen.

Ein toter Buchstabe?

Der zweite Diskussionspunkt betraf einen Minderheitsantrag aus der BUL, wonach neben der Bewertung des Angebotspreises auch dessen Verlässlichkeit zu beurteilen sei. Ziel sei die Verhinderung von Dumpingpreisen mit späteren Nachforderungen, respektive Folgekosten zulasten der Vergabestelle, erklärte Armin Odermatt (SVP, Oberdorf und BUL Präsident). Therese Rotzer legte nochmals die Argumente der Regierung auf den Tisch, weshalb sie klar gegen dieses Zuschlagskriterium sei. Die Vergabestellen verfügten über andere Instrumente, um unseriöse oder unplausible Angebote abzuklären und notfalls auszuschliessen.

Therese Rotzer sagte, dass dieses Kriterium beim Bund zwar seit 2021 in Kraft sei. Es sei aber bis jetzt nicht klar, wie er es umsetzen wolle. Auch in Luzern habe man das Kriterium ins kantonale Gesetz aufgenommen. Ihre Anfrage habe aber ergeben, dass es dort nicht umgesetzt werde. Man warte auf den Bund. Das Kriterium sei ein toter Buchstabe, der nicht umgesetzt werde, kam die Baudirektorin zum Schluss.

Das Parlament wies den Antrag schliesslich mit 31 Nein gegen 26 Ja ab. Die zweite Lesung des Gesetzes erfolgt an der nächsten Sitzung vom 28. Juni. Wenn das Gesetz unter Dach und Fach ist, kann das Parlament auch über den Beitritt zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen von 2019 beschliessen.