Beeren und Heuschrecken als Nahrung und praktisch keine Ausrüstung. Für die Maturaarbeit ging Robin Pickis im Wald an seine Grenzen.
Losgezogen ist er nur mit Survival-Messer, Feuerstein, Feldflasche und einem kleinen Rucksack mit Kleidern. Zur Sicherheit noch ein einfaches Notfallhandy ohne Internetzugang und eine Kamera zur Dokumentation. Der 20-jährige Nidwaldner Robin Pickis hat Ende September 2013 für seine Maturaarbeit vier Tage in einem Wald in Obwalden gelebt, abseits jeglicher Zivilisation. Die genaue Örtlichkeit will er für sich behalten. «Wie fühlt sich ein Leben mit dem absoluten Minimum an? Wo sind meine Grenzen? Das waren die Leitfragen für meine Arbeit», erklärt Robin Pickis.
Die Maturaarbeit hat er am Internat des hochalpinen Instituts Ftan im Unterengadin gemacht und mit der Bestnote abgeschlossen. Ins Internat ging er, weil seine Eltern im Ausland arbeiteten, er aber die Matura in der Schweiz abschliessen wollte.
«Meine grösste Sorge war die Beschaffung von Nahrung. Dass es an meinem Aufenthaltsort Wasser gibt, wusste ich von einer vorgängigen Rekognoszierung», erzählt Robin Pickis.
Gegessen hat er schliesslich genau 2450 Heidelbeeren und 150 Heuschrecken. «Den gefangenen Heuschrecken habe ich den Kopf abgedreht und sie dann im Feldflaschenbehälter über dem Feuer geröstet. Ich stehe hinter dem Verzehr von Insekten und mag sie auch geschmacklich.» Auf Pilze habe er mangels fundierter Kenntnisse verzichtet.
Um einen wettersicheren Schlafplatz zu haben, baute er sich einen kleinen Unterstand aus Tannenästen, Baumrinde und Moos.
Fünf Tage wollte Robin Pickis eigentlich als Einsiedler im Wald verbringen, doch am vierten Tag gab er auf. «Eigentlich fühlte ich mich schon nach dem dritten Tag schlecht, musste erbrechen und hatte kalt. Aber ich entschloss mich weiterzumachen, weil ich eben an meine Grenzen gehen wollte», schildert er seinen Zustand vor dem Abbruch. «Weil ich dann am nächsten Tag keine Energie mehr hatte und mich auch noch fiebrig fühlte, habe ich aufgegeben. Ich wollte nicht zu viel riskieren.»
«Es war wohl eine der schönsten Erfahrungen, die ich je gemacht habe. Aber auch die härteste», sagt Robin Pickis rückblickend. «Wir fühlen uns auf Ausflügen gerne etwas übermächtig in der Natur. Ich bekam da draussen ein anderes Bewusstsein, fühlte mich wieder als Teil der Natur.» Für uns sei alles selbstverständlich. Wir hätten so viel und seien doch oft unzufrieden. «Man sollte Selbstverständliches schätzen. Es ist brutal, wenn man sich um seine absoluten Grundbedürfnisse sorgen muss, sogar um genügend Wasser.» Obwohl die Nahrung das Schwierigste gewesen sei, hätte er erstaunlich wenig ans Essen gedacht und schon gar nicht an spezielle Speisen. «Ich wünschte mir ganz einfach wieder mal etwas Nahrhaftes.» Wie viele seiner Generation ist auch Robin Pickis in der digitalen Welt zu Hause. «Die Elektronik konnte ich aber sofort loslassen, es hat mich nicht mehr interessiert, was draussen oder auf Facebook abgeht.»
Nach erfolgreicher Matura hat Pickis nun ein Zwischenjahr eingelegt. Zuerst will er sich seiner grossen Passion, der elektronischen Musik, widmen. Seit zwei Jahren ist er unter dem Künstlernamen «Ropick» als DJ tätig und produziert selber am Computer Songs, unter anderem kürzlich mit dem Nidwaldner Rapper Rhyman den Titel «I owe». Sein Ziel sei es, mit der Musik seinen Lebensunterhalt zu verdienen. «Meine Vorbilder sind Leute, die hart für ihren Erfolg gearbeitet haben und dann auch die Früchte ernten können. Wenn man voll hinter seiner Sache steht, kann man weit kommen», ist Robin Pickis überzeugt. Und auch ganz einfaches Leben in der Natur steht wieder auf dem Programm. Nächstes Jahr will er während dreier Monate vor allem Neuseeland bereisen. Sein Abenteuer dokumentiert die DOK-Serie «Internatsschule Ftan – Das Jahr der Entscheidungen». Das Schweizer Fernsehen hat während eines Jahres eine Abschlussklasse begleitet. Die Ausstrahlung der sechsteiligen Serie startet heute auf SRF 1.
Hinweis
Ab heute Freitag, 21 Uhr, SRF 1: Sechsteilige DOK-Serie «Internatsschule Ftan – Das Jahr der Entscheidungen» mit Robin Pickis. Musiktitel von Robin Pickis finden sich auf Youtube unter dem Namen Ropick.