Nidwalden
Bundesgericht gibt Verkehrssünder trotz Wiederholungstaten recht

Das Bundesgericht bekräftigt, dass Neulenker sich bewähren sollen, bevor sie den definitiven Führerausweis erhalten. Dennoch heisst es die Beschwerde eines Nidwaldner Wiederholungstäters gut.

Ingrid Hieronymi
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Obwohl ein damals 17-jähriger Nidwaldner den Führerschein im Jahr 2015 erst auf Probe hatte, musste er ihn in den folgenden drei Jahren wegen diverser Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz dreimal abgeben. Nach dem dritten Entzug lenkte der Mann mehrmals ohne Führerausweis ein Motorrad. Daher musste er den Schein auf unbestimmte Zeit abgeben und erhielt eine Fahrberechtigungssperre von 24 Monaten. Nach Ablauf der Frist bekam er den Führerschein wieder, verbunden mit einer Verlängerung der Probezeit um ein Jahr. Kurz darauf verursachte er mit einem Auto einen Unfall. Das Verkehrssicherheitszentrum annullierte den Führerschein und erlegte ihm erneut eine Sperrfrist von 60 Monaten für das Führen von Fahrzeugen auf.

Dagegen erhob der Mann Einsprache. Das Verkehrssicherheitszentrum änderte den Entscheid zu seinen Ungunsten, indem es eine kürzere «Wartezeit» von 24 Monaten festlegte, dafür jedoch eine zusätzliche Sperrfrist von 48 Monaten aussprach. Der Mann zog den Entscheid weiter ans Verwaltungsgericht, wo er unterlag. Daraufhin legte er beim Bundesgericht Beschwerde ein, in der er hauptsächlich die zusätzliche Sperrfrist beanstandete.

Neulenker müssen sich bewähren

Mit Blick auf die Ahndung von Widerhandlungen führte das Bundesgericht aus, dass Neulenker mit dem Führerausweis auf Probe bei Verstössen nicht glimpflicher davonkommen sollen als Personen mit definitivem Führerschein. «Während der Probezeit sollen sich Neulenker durch einwandfreies und klagloses Fahrverhalten im Verkehr ausweisen», so das Bundesgericht.

Für Lenker, die während der Probezeit Widerhandlungen begehen, soll das Erlangen des definitiven Führerscheins erst möglich sein, wenn sie sich während einer gewissen Zeit bewährt haben. Administrativmassnahmen, wie zum Beispiel das erneute Ablegen der Fahrprüfung und das Antreten zu einer Fahreignungsuntersuchung, sollen bei wiederholten Verstössen eine Präventivwirkung zwecks Erhöhung der allgemeinen Verkehrssicherheit erzielen.

Gesetzesauslegung als Knacknuss

Das Strassenverkehrsgesetz enthält neben den allgemeinen Bestimmungen, die für Inhaber eines definitiven Fahrausweises und teilweise auch für alle Lenker gelten, spezielle Bestimmungen, welche nur auf Personen in der Probezeit anwendbar sind. Strittig war, ob das Verwaltungsgericht gestützt auf die allgemeinen Bestimmungen – als Ergänzung zu den Spezialregelungen – eine zusätzliche Sperrfrist anordnen durfte.

Nach einer detaillierten Auslegung des Gesetzes kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Anordnung der zusätzlichen Sperrfrist gestützt auf die allgemeinen Bestimmungen bundesrechtswidrig war. Allerdings könnte sehr wohl eine längere Frist gemäss den Spezialbestimmungen für Neulenker festgelegt werden, führten die Richter weiter aus. Die Beschwerde wurde gutgeheissen, was jedoch nicht bedeutet, dass der Mann den Führerschein auf Probe schneller zurückgewinnen kann.

Bundesgerichtsurteil 1C_650/2021.