Kerns
Ihre Schnitzereien und Massivholzmöbel sind gefragt: Kernser Ehepaar bereichert den Gabentempel am Esaf in Pratteln

Kernser Handwerkskunst findet den Weg in den Gabentempel am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Pratteln: Zwei Lastwagen transportierten im Februar bereits die ersten Gaben.

Ruedi Wechsler
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Was vor gut 30 Jahren in der Werkstatt des Grossvaters Josef Durrer im Mairisli begann, erreicht für Fredi und Rita Wagner mit dem Grossauftrag für das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (Esaf) in Pratteln einen überraschenden Höhepunkt. Es kam zu mehreren Bestellungen und bereits im Februar verliessen zwei Lastwagen voller Kredenze, Sideboards, Tische und Gartensitzbänke den Kleinbetrieb an der Sarnerstrasse, in Kerns. Als kurz vor der Pandemie ein langjähriger Mitarbeiter eine neue berufliche Herausforderung suchte, fokussierte sich das Ehepaar noch vermehrt auf Schnitzereien und Massivholzmöbelbau. «Es war die Fügung des Schicksals. Dann kam noch Corona und die Aufträge gingen zurück», erzählte Fredi Wagner vom Richtungswechsel seiner Firma vor zweieinhalb Jahren.

Fredi und Rita Wagner zeigen stolz die Möbel, die bald im Gabentempel am Esaf in Pratteln zu bewundern sind.

Fredi und Rita Wagner zeigen stolz die Möbel, die bald im Gabentempel am Esaf in Pratteln zu bewundern sind.

Bild: Ruedi Wechsler (Kerns, 29. Juni 2022)

Die schwierigen Monate nutzte der vorausblickende Unternehmer und produzierte auf Vorrat unzählige Gegenstände in Massivholz. Im Arvenstübli sind heute Hunderte Artikel zu finden wie Uhren, Wetterstationen, Holzkässeli, Schnapsständer, Geburtstafeln, Schwingerpreise, Krippen oder Weissküferartikel (Muttli und Betrufvollen). Im Nachhinein habe sich dieser Effort gelohnt und die Auftragsbücher seien voll. Da sich Fredi in den letzten Jahren vermehrt der Schnitzerei widmete, wurde der stattliche Maschinenpark weniger benützt. Diesen hat er in der Zwischenzeit an zwei junge Schreiner aus dem Kanton Aargau mit dem Firmennamen Misini Möbeldesign GmbH untervermietet.

Holzschnitzerei, die fasziniert

Von 1982 bis 1986 absolvierte Fredi Wagner bei Möbel Ettlin in Kerns die Möbelschreinerlehre, und es folgten einige Wanderjahre. Vor seiner Selbstständigkeit am 1. Oktober 1991, unternahm er eine neunmonatige Weltreise. Kurz danach haben sich Fredi und Rita kennengelernt und vier Jahre später läuteten die Hochzeitsglocken. Schon als Lernender habe ihn die Schnitzerei fasziniert und er fügt an: «Mit diesem Handwerk kann ich mich selbstständig verwirklichen und die Ideen der Kunden erfüllen. Meine Stärke ist die Kreativität und das Umsetzen der Kundenwünsche mit der nötigen Geduld und dem Fokus auf Planung und Organisation.»

Mit Intarsien eingelegtes Tischblatt.

Mit Intarsien eingelegtes Tischblatt.

Bild: Ruedi Wechsler (Kerns, 29. Juni 2022)

Eine Augenweide sind auch seine angefertigten Intarsien, die er zum Beispiel fein säuberlich in Tische einlegt. Ein Meilenstein bedeutete 1998 der Neubau mit Wohnhaus, eigener Werkstatt, Büro und dem Verkaufsladen Arvenstübli. Rita Wagner sagt: «Für uns stand die Existenzsicherung im Vordergrund, erst danach kam die Familienplanung.» Der Nachwuchs liess dann nicht lange auf sich warten und inzwischen zählen zwei Töchter und ein Sohn im Alter von 18, 20 und 22 Jahren zur Familie. Rita unterstützt ihren Mann in vielen Bereichen und ergänzt: «Ich bin Hausfrau, Mutter, führe den Laden, nehme die Aufträge der Schnitzereien und Geschenkartikel entgegen, dazu kommt die Buchhaltung, die Abrechnung und der Versand der diversen Artikel.» Zudem erledigt Rita Vorarbeiten wie das Einteilen und Aufzeichnen der Sujets, Zifferblätter und der Texte auf die Holztafeln. Im Trend sind die Holzkässeli und Rita Wagner zeigt stolz auf die selbst eingebrannten Handgravuren. Alternativ bieten die beiden auch Lasergravuren und Farbdruck auf diversen Holzartikeln an. Zur Kundschaft zählen vorwiegend Privatpersonen, Vereine und Firmen.

Der königliche Besuch

Wie kommt ein Kleinbetrieb zu solchen Grossaufträgen? Dazu blickt Fredi Wagner zurück: «Als ehemaliger Schwinger bin ich in der Schwingerszene vernetzt. Ich durfte schon früher an regionalen Schwingfesten verschiedene kleinere Gaben liefern.» Bereits für das Esaf 2004 in Luzern gab es erste Anfragen und der Gabenchef und Schwingerkönig Harry Knüsel höchstpersönlich stand in ihrem Betrieb und erkundigte sich nach ihren Artikeln.

Für das Eidgenössische 2019 in Zug erhielten sie durch Sepp Burch einen grossen Auftrag. Nun meldete sich auch der verantwortliche Gabenchef des Esaf 2022 Pratteln, Dieter Forter. Die erste Bestellung erfolgte bereits im Coronajahr und insgesamt durften 23 Möbelstücke und vierzehn Stabellen hergestellt werden. Vermehrt besuchen Rita und Fredi Schwingfeste und geniessen das Ambiente und das friedliche Beisammensein. Am Esaf in Pratteln drücken sie Joel Wicki die Daumen und hoffen, dass er seinen Effort von Zug wiederholen kann. Die Freizeit verbringen die beiden gerne in der Natur mit Wandern und Biken. Rita ist Mitglied im Jodelklub Tschiferli-Cheerli Obwalden.

Das Ehepaar Wagner präsentiert unzählige Holzartikel im Arvenstübli in Kerns.

Das Ehepaar Wagner präsentiert unzählige Holzartikel im Arvenstübli in Kerns.

Bild: Ruedi Wechsler (Kerns, 29. Juni 2022)