Polternd und lautstark fluchend bringt Simon Enzler das Publikum zum Lachen. Und noch während man in Stans lacht, dämmert einem, dass dieser typische Appenzeller «Bünzli» auch ein Einheimischer sein könnte.
Romano Cuonz
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Gleich zu Beginn seines Auftritts am Humorfestival verleiht der bald cholerisch fluchende, bald schlitzohrig zynisch politisierende Appenzeller Simon Enzler seiner ganz grossen Freude Ausdruck: Darüber, dass er nun auch einmal in Obwalden auftreten dürfe! Damit ist ihm ein erstes schallendes Gelächter sicher. Und das Lachen hört im ausverkauften Saal den ganzen Samstagabend nicht mehr auf. Man lacht herzhaft über diesen Bünzli mit seinem fast schon urchigen Appenzeller Dialekt. Grinst, wenn er am Fenster seines trauten Heimes zwischen Geranienkistchen über die Nachbarn lästert. Lacht fast schon grölend, wenn er als knorriger Stammtischjasser lauthals flucht. Oder ruppig – aber eben «fadegraad» – ausposaunt, was er über Gott, die Welt und die Politik denkt.
Nach und nach realisiert im Saal wohl der hinterste und letzte Zuhörer, dass dieser wackere Schweizer, der mit grosser Schimpflust und geradezu unglaublicher Intoleranz die politische Stimmung im Lande auf die Schippe nimmt, gar kein Fremder ist. Das ist doch einer, der genau wie ein Nidwaldner oder halt Obwaldner flucht!
Mit dem Programm «Primatsphäre» steht Simon Enzler – wenn man von einigen überraschenden Auseinandersetzungen mit seinem Techniker absieht – erstmals ganz solo auf der Bühne. Wer vermutet hat, dass er sein Publikum ohne den schräg missmutigen Basskünstler Daniel Ziegler nicht einen ganzen Abend lang in Bann ziehen könnte, wird eines Besseren belehrt. Gag um Gag landet er. Einmal lärmig laut. Dann weinerlich lamentierend. Nichts ist vor ihm sicher. Und doch bleibt er stets nahe beim Publikum. Fast wie einst Emil!
Zwar fehlt Simon Enzler die politische Schärfe noch ein wenig – etwa im Vergleich zur jüngeren Generation deutscher Stand-up-Comedians. Aber er setzt durchaus politische Pointen. Oft skurril, doch so, dass noch alle mitlachen können. Sogar jene, die ihre Doppelbödigkeit gar nicht erst wahrnehmen wollen! Prächtige Doppelbödigkeiten gibt es etwa, wenn er Muslime im Vergleich mit Innerrhödlern als geradezu fortschrittliche Freigeister preist. Oder wenn er nach einer Hasstirade gegen die Schweizer Erfindung des Klettverschlusses Entwicklungshilfe auf seine Art definiert: «Wir helfen anderen, Probleme zu lösen, die sie ohne uns gar nicht hätten!»
Facettenreich und voll Ideen ist das Programm. Etwa, als er den an einer Tombola gewonnenen Fliegenfänger demonstriert. Oft wendet er sich direkt ans Publikum. Etwa, wenn er die Absurdität im Einkaufstourismus aufs Korn nimmt. «Wenn ich so sehe, was Sie anhaben, Hand aufs Herz, das haben Sie doch auch nicht alles in Stans gekauft!» Köstlich, wie er als Besucher der Mitternachtsmesse lauthals singt: «Die huere Sauaffe söled ghöre, das ich au da bin.» Apropos Fluchen: In der Pause reklamierten einige Zuschauer, dass es damit doch etwas gar viel geworden sei.
Ihnen allen nimmt Enzler kurz danach allen Wind aus den Segeln. Fluchen sei gesund, sagt er und erklärt es kurzerhand sogar zum «ehrwürdigen religiösen Akt». Allerdings nicht etwa Wörter wie «Schafseckel». Solche seien im besten Fall eine Beamtenbeleidigung ..., «wobei, je nach Amt, nicht einmal dies».