Die Politaktion «Helvetia ruft» soll mehr Frauen für die Politik begeistern. In deren Rahmen organisierten die Landrats-Kandidatinnen aus Hergiswil einen parteiübergreifenden Anlass, um sich bei der Wählerschaft vorzustellen.
«Vor bald zehn Jahren verabschiedete die FDP Hergiswil ihre letzte Landrätin», weiss Sandra Jost. Die Landratskandidatin sagt das mit Nachdruck vor einem rund 30-köpfigen Publikum im Hergiswiler Chilezentrum Hostatt. Anwesend sind neun der zwölf Frauen, die für den Nidwaldner Landrat kandidieren, einige ihrer Ehemänner, Regierungsrätin Michèle Blöchliger sowie weitere Unterstützende. Sie alle sind gekommen für ein gemeinsames Ziel: Die Anzahl der weiblichen Sitze im Nidwaldner Landrat zu erhöhen. Denn dieser besteht derzeit nur gerade zu einem Viertel aus Frauen.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurde im Herbst letzten Jahres die Politaktion «Helvetia ruft» in Nidwalden lanciert. Diese soll mehr Frauen für die Politik begeistern und sie somit dazu ermutigen, sich selbst in das politische Geschehen einzubringen. Im Rahmen von «Helvetia ruft» hatte die Hergiswilerin Annette Blättler, ihrerseits Kandidatin für das Landratsamt, eine Idee. Die Anwärterinnen ihrer Gemeinde sollen sich bei einem Apéro der Wählerschaft vorstellen und so eine Brücke schaffen. Denn wer gewählt werden will, muss erst gesehen werden.
Gesagt, getan: Parteiübergreifend wurde der Anlass von den Kandidatinnen organisiert und durchgeführt. Nach dem Apéro stellten sich die neun anwesenden Kandidatinnen jeweils während rund fünf Minuten dem Publikum vor.
So stellte sich heraus, dass die Politik für Karin Costanzo-Grob (Mitte) ein «ernst gemeintes Hobby» und ihre grosse Leidenschaft ist, der sie gerne weitere vier Jahre im Landrat des Kantons Nidwalden widmen möchte.
Dasselbe gilt wohl für die Bisherige Ilona Cortese (Grüne). «Ich möchte mir nicht irgendwann vorwerfen müssen, dass ich nichts für das öffentliche Leben und unsere Nachkommen gemacht habe», sagt sie.
Eines dieser wichtigen Themen ist für Alexandra Bachmann (Mitte) die Unterstützung der Familien. Denn: «Sie sind der Kern unserer Gesellschaft.» Dass Mütter ihren Job und die Kinder unter einen Hut bringen können, ist für Bachmann essenziell. «Wir brauchen diese Frauen in der Arbeitswelt.»
Die Mutter von Fabia Stirnimann (Mitte) war die erste Gemeinderätin von Ruswil LU. Deshalb wurde Stirnimann schon früh politisch geprägt. «Wir profitieren in Hergiswil von einer guten Infrastruktur und tollen Freizeitangeboten», sagt sie. «Und das nur, weil sich Leute dafür eingesetzt haben.» Nun liege es an ihr, nicht mehr nur zu profitieren, sondern sich auch selbst einzubringen.
Das möchte auch Annette Blättler (GLP). Die Initiantin des Anlasses sagt: «Ich habe diesen Kanton in den letzten 15 Jahren lieben gelernt und ich möchte ihm etwas zurückgeben.» Schon früh habe sie gelernt, dass man seinen Teil dazu beitragen müsse, wenn man wolle, dass sich etwas verändert.
Auch Esther Christen (GLP) möchte aktiv werden, um die Zukunft von Nidwalden mitgestalten zu können. Ihr Kernthema: Frauen in der Arbeitswelt zu stärken und sich für eine sichere Altersvorsorge einzusetzen. «Ich möchte erreichen, dass die Arbeit, die Frauen oft unentgeltlich leisten, zukünftig wertgeschätzt und abgegolten wird», so Christen.
Pia Häfliger (SVP) möchte die Frauen ebenfalls fördern. Als Informatikerin in einer Führungsposition wolle sie ein Vorbild sein. «Junge Frauen sollten bei der Berufswahl nicht nur klassisch ‹weibliche› Jobs in Betracht ziehen», sagt sie. Zudem liege es ihr am Herzen die Gleichberechtigung in Führungspositionen durchzusetzen.
Thea Sidiropoulos (FDP) ist mit Jahrgang 1995 die jüngste anwesende Kandidatin. «Ich bin in einem Haushalt mit vielen starken Frauen aufgewachsen und habe gelernt, für das, was mir wichtig ist, einzustehen», sagt sie. Das muss sie täglich, denn bei ihrer Arbeit in einem Finanzunternehmen treffen 20 Frauen auf 250 Männer. Themen wie die Gleichstellung und Frauenrechte beschäftigen Sidiropoulos. Und sie sagt: «Wir Jungen müssen uns endlich mehr einbringen.»
Sandra Jost (FDP) sagt: «Wir Frauen haben unser Anrecht in der Gesellschaft.» Und genau deshalb brauche es mehr von ihnen im Nidwaldner Landrat. Die männerdominierte FDP habe doch sowieso ein Frauenproblem, wirft Jost in den Raum und dementiert die Aussage sofort: «Das stimmt nicht. Wir haben so viel mehr zu bieten und deshalb machen wir uns laut.»
Ergänzt werden die kurzen Vorstellungsreden durch einen Vortrag von Diana Hartz, Leiterin der Wirtschaftsförderung Nidwalden. Mittels verschiedener Studien verdeutlicht sie die Nachteile des Frauseins im Arbeitsalltag und in Bezug auf die Altersvorsorge. Doch sie zeigt auch auf, welche Chancen die Zukunft bietet und dass bereits viel passiert ist.
Für die Hergiswiler Landrats-Kandidatinnen ist der Abend ein Erfolg. Nur etwas überschattet den geselligen und informativen Anlass: Die vielen fehlenden Wählerinnen und Wähler, die sich durch «Helvetia ruft» in Hergiswil ein Bild über ihre Kandidatinnen hätten machen können. Doch wie sagt man so schön: Aller Anfang ist schwer. Und Helvetia wird bestimmt wieder rufen.