HERGISWIL NW
Bischof von Chur zur Firmung: «Sie sollen sich das hundert Mal überlegen»

Acht Firmlinge wird Joseph Bonnemain am Freitagabend in der Hergiswiler Pfarrkirche salben. Der neue Bischof von Chur freut sich auf die neuen, jungen «Vollmitglieder» der Pfarrgemeinde ‒ mahnt diese aber auch an, nicht primär das eigene, sondern das Glück der anderen zu suchen.

Jérôme Martinu
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Mit Joseph Maria Bonnemain (72) wurde von Papst Franziskus ein neuer Oberhirte im Bistum Chur ernannt. Am 19. März im Churer Dom ins Amt gesetzt, soll Bonnemain die Gräben der Vergangenheit möglichst zuschütten und für eine gewisse Befriedung im Bistum mit seinen sieben Kantonen sorgen.

Er soll die Situation im Bistum Chur befrieden: Der 72-jährige, in Barcelona geborene Joseph Bonnemain trat am 19. März 2021 die Nachfolge von Vitus Huonder als Bischof von Chur an.

Er soll die Situation im Bistum Chur befrieden: Der 72-jährige, in Barcelona geborene Joseph Bonnemain trat am 19. März 2021 die Nachfolge von Vitus Huonder als Bischof von Chur an.

Bild: Gian Ehrenzeller/ Keystone (Chur, 15. Februar 2021)

Die Urkantone Nid-, Obwalden, Uri und Schwyz hatten in den vergangenen Jahren ein belastetes Verhältnis zu ihrem Bischof in Chur, dem inzwischen emeritierten Vitus Huonder. Immer wieder flammten Konfliktherde auf, die sich im ungleichen Verständnis zwischen der von der Bistumsführung vertreten konservativen Auslegung der Kirchenlehre und einem liberaleren oder weltlicheren Verständnis entzündeten. Vergangenes Jahr gipfelten die Unstimmigkeiten in der Entlassung von Martin Kopp, dem Generalvikar der Urschweiz, durch den apostolischen Administrator, Peter Bürcher. Dieser amtierte seit 2019 als eine Art Übergangsbischof nach der Pensionierung Huonders.

Landammann und Landratspräsidentin nehmen ebenfalls teil

Nun kommt der neue Bischof von Chur am Freitag für einen der ersten seiner offiziellen Besuche in der Zentralschweiz ins Nidwaldnerische Hergiswil. Er wird in der Kirche von Pfarrer Stephan Schonhardt das Firmsakrament spenden, so wie dies der in Barcelona geborene Joseph Bonnemain an den vergangenen beiden Samstagen in Engelberg schon tat. Zu Gast in Hergiswil sind auch der Nidwaldner Nationalrat Peter Keller, Landammann Othmar Filliger, Landratspräsidentin Therese Rotzer-Mathyer, Gemeindepräsident Remo Zberg und die Präsidentin der Nidwaldner Landeskirche Monika Rebhan Blättler sowie Vizepräsidentin Monika Dudle-Ammann. Als Kantorin im Einsatz steht die Sopranistin und Musicalsängerin Irène Straub.

Joseph Maria Bonnemain, Bischof von Chur.

Joseph Maria Bonnemain, Bischof von Chur.

Bild: Christian Beutler/Keystone (Chur, 30. April 2021)

Bischof Bonnemain, in Hergiswil spenden Sie acht jungen Menschen das Firmsakrament. Das Motto der Firmung lautet «Der Geist der Wahrheit». Inwiefern passt dies zu ihren eigenen Zielen oder Ansprüchen als Bischof von Chur?

Das passt voll und ganz. Nur die Wahrheit kann uns befreien. Geist der Wahrheit heisst auch Geist der Liebe.

Hat der absolute Wahrheitsanspruch der Römisch-katholischen Kirche in der heutigen Zeit der Individualisierung überhaupt noch seine Berechtigung?

Zu wissen, dass in Gott die Fülle von dem besteht, was wir Wahrheit nennen, zu wissen, dass wir einmal das Ganze erleben werden, das ist sehr beglückend. In diesem Sinne ist Gott als absolute, vollkommene Wahrheit für die Menschen tragend. Eine Wahrheit, die nicht in Liebe getragen wird, ist eine Pseudowahrheit.

Mit der Firmung werden junge Menschen in die Glaubensgemeinschaft der Erwachsenen aufgenommen. Was beobachten Sie bei den jungen Frauen und Männern: Wie gross ist die Bereitschaft noch, sich bewusst als Teil der Kirche, der Pfarrgemeinden zu verstehen?

Das Klassische, als Teil einer Pfarrgemeinde zum Beispiel, ist weniger vorhanden als früher. Und dennoch glaube ich, die Grossherzigkeit, die Bereitschaft junger Menschen sich für andere zu engagieren, ist nach wie vor gross. Und das ist das, was ich allen sage: Es ist gut, dass sie bereit sind. Aber sie sollen sich das hundert Mal überlegen.

Was genau überlegen?

Die Firmung ist nicht bloss ein Ritual oder etwas Magisches. Sondern: Ich sage Ja, in dieser Welt einen positiven Beitrag zu leisten. Damit unsere Welt eine friedlichere, humanere, glücklichere wird. Wenn die Jungen dies bejahen, sind sie erwachsen im Glauben.

Die Kirche braucht diese jungen Leute, sie braucht den Nachwuchs.

Was ist die Kirche? Wer ist «die Kirche»?

...die Römisch-katholische Kirche.

Das sind wir alle! Wenn die jungen Menschen entdecken, dass ihr Glück nicht darin besteht, dass sie das eigene Glück suchen, sondern das Glück der anderen, dann sind sie auf gutem Weg.

Der Schweizer Kardinal Kurt Koch (links) weihte Joseph Bonnemain im Dom zum neuen Bischof von Chur.

Der Schweizer Kardinal Kurt Koch (links) weihte Joseph Bonnemain im Dom zum neuen Bischof von Chur.

Bild: Alexandra Wey/Keystone (Chur, 19. März 2021)