Gewerkschaft kritisiert Stellenabbau bei Müller Martini scharf: «Das ist eine Katastrophe für die Zentralschweiz»

Die in der Druckereibranche tätige Firma Müller Martini will schweizweit 115 Stellen abbauen und ihren Standort in Stans ganz aufgeben. Syna-Gewerkschafter kritisieren diesen Entscheid hart.

David von Moos
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Das Werk von Müller Martini, Hersteller von Druckweiterverarbeitungssystemen, in Stans. Das Aargauer Unternehmen will von den 800 Arbeitsstellen in der Schweiz rund 115 Stellen streichen, davon 60 in Stans, wo auch das gesamte Werk stillgelegt werden soll. (Bild: Urs Flüeler/Keystone, Stans, 11. März 2019)

Das Werk von Müller Martini, Hersteller von Druckweiterverarbeitungssystemen, in Stans. Das Aargauer Unternehmen will von den 800 Arbeitsstellen in der Schweiz rund 115 Stellen streichen, davon 60 in Stans, wo auch das gesamte Werk stillgelegt werden soll. (Bild: Urs Flüeler/Keystone, Stans, 11. März 2019)

«Die Schliessung des traditionellen Standortes des Maschinenindustrie-Unternehmens in Stans ist für die 60 teilweise langjährigen Angestellten ein Schlag ins Gesicht», lässt die Gewerkschaft Syna verlauten.

Bis Ende Jahr werde ein wichtiger Stützpunkt der lokalen Wirtschaft und damit sehr viel Know-how völlig verschwinden. «Für Stans und die ganze Zentralschweiz ist das eine Katastrophe. Die regionale Wirtschaft ist jetzt gefordert, die Unternehmen vor Ort müssen so viele Leute wie möglich aufnehmen», sagt Urs Gander, Syna-Regionalsekretär von Ob- und Nidwalden.

Über den geplanten Stellenabbau wurde am Mittwoch informiert:

Prüfung von Alternativen gefordert

Laut der Gewerkschaft ist der geplante Schritt trotz wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu drastisch: Gerade als Familienbetrieb müsse sich Müller Martini genau überlegen, auf einen gut aufgestellten Standort wie Stans zu verzichten.

Dies sei geschehen, hiess es am Mittwoch bei Müller Martini. Man habe in den letzten Monaten alles unternommen, um den Erhalt der Arbeitsplätze trotz des Wegbruchs der Aufträge zu sichern. Jedoch kann das Familienunternehmen laut CEO Bruno Müller den markanten Geschäftsrückgang nicht ohne schmerzhafte Einschnitte auffangen.

Bei der Syna hingegen ist man überzeugt, dass die Konsultation der Belegschaft konkrete und interessante Lösungsansätze bringen werde. Genau dazu sei das seit Mittwoch laufende Konsultationsverfahren da. Die Gewerkschaft unterstützt und begleitet dabei als Sozialpartner die Arbeitnehmervertretung. «Wir verlangen, dass Müller Martini den Schritt zusammen mit der Belegschaft nochmals sorgfältig überprüft. Vor diesem unwiederbringlichen Entscheid müssen alle Alternativen betrachtet werden», sagt Diego Frieden, Zentralsekretär Sektor Industrie der Gewerkschaft Syna.

Man fordere die Geschäftsleitung von Müller Martini auf, diese Vorschläge ernsthaft zu prüfen und wenn immer möglich umzusetzen, damit die Auswirkungen des Abbaus wenigstens vermindert werden könnten. «Vor allem die langjährigen und treuen Mitarbeitenden müssen Perspektiven erhalten, und für die Lernenden ist eine Anschlusslösung zwingend.» Unter den in Stans beschäftigten 60 Mitarbeitern befinden sich laut dem Verband Angestellte Schweiz neun Lehrlinge. Diese könnten ihre Lehre wohl inner- oder ausserhalb des Unternehmens abschliessen.

Für rund die Hälfte der Mitarbeiter in Stans soll es eine Lösung geben

«Wir gehen derzeit davon aus, das man für rund die Hälfte der Mitarbeiter eine interne Lösung finden könnte», sagt Urs Gander. Den anderen werde wohl gekündigt.

Das Konsultationsverfahren endet gemäss der Gewerkschaft am 6. Mai. «Die Mitte kommt relativ ungünstig auf Ostern zu liegen», sagt Frieden. Es gebe aber die Möglichkeit, die gegenseitigen Gespräche zu verlängern, wenn das die Arbeitnehmervertretung wünsche. Entscheiden müsse das schliesslich die Geschäftsleitung. «Wir haben von der Firmenleitung Signale, dass sie einer solchen Verlängerung nicht abgeneigt ist. Das ist schon einmal ein gutes Zeichen.»

Erste Gespräche nächste Woche

Zuerst einmal müssten die Betroffenen die schlechten Nachrichten verdauen, betont Diego Frieden. «Das ist für alle ein harter Schlag.» Die Personalkommission werde sich nächste Woche treffen. Zuerst müsse man sich ein Bild der Situation machen. Es gehe um die betroffenen Angestellten mit ihren individuellen Eigenschaften wie zum Beispiel Alter, Dienstalter, Kinder und Sonderbedürfnisse, es gehe aber auch um die Frage, wie die Firma künftig aussehen werde.

«Die Arbeitnehmervertretung braucht jetzt Zugriff auf die relevanten Kennzahlen des Unternehmens, die eine möglichst präzise Einordnung der Situation erlauben.» Zentral sei auch, wie die neue Struktur des Unternehmens aussehe, vor allem in Bezug auf den grösseren und eher stärker aufgestellten Standort in Hasle, so Frieden weiter. Denn dort könnten künftig allenfalls einzelne Arbeiten, die in Stans wegfallen, ausgeführt werden. «Bis jetzt haben wir jedenfalls keine Anzeichen, dass es auch in Hasle zu einem Stellenabbau kommt.»

Werkplatz Nidwalden unter Druck

«Für den Industriestandort Nidwalden ist das ein harter Schlag, der nicht einfach zu verkraften ist», betont Urs Gander, Syna-Regionalsekretär von Ob- und Nidwalden. Industrielle Schwergewichte mit grosser Anzahl Mitarbeiter gebe es neben den Pilatus Flugzeugwerken nicht viele. Mit der Müller Martini stehe jetzt eines davon kurz vor der Schliessung. Vor nicht einmal einem Monat wurde bekannt, dass auch das Medizintechnikunternehmen Fresenius Kabi mit 120 Angestellten den Kanton Nidwalden in Richtung Luzern verlässt. Gander sagt dazu: «Das tut schon weh, wenn man das mit ansehen muss.»

Weltweit 1800 Mitarbeiter

Das in Zofingen beheimatete Unternehmen Müller Martini zählt weltweit 1800 Mitarbeitende. In der Zentralschweiz ist das Unternehmen mit der Müller Martini Maschinen & Anlagen AG in Stans und Hasle präsent. Dass die drei anderen in der Druckverarbeitung, der Elektronik und im Marketing tätigen Müller Martini-Firmen in Zofingen vom Konsultationsverfahren ausgeschlossen sind, ist für Syna unverständlich: «Das Unternehmen muss alles daransetzen, auch diesen Abbau von 55 Stellen zu reduzieren», so Diego Frieden, Zentralsekretär Sektor Industrie der Gewerkschaft Syna.