Leserbrief zum Artikel «Gülle stinkt zwar, ist aber wertvoll» vom 2. Juni 2022
Nein, gute Gülle muss nicht stinken! Seit Jahrzehnten engagiere ich mich für eine bessere Luft in unserer Innerschweiz. Mein Engagement ist nicht gegen die Landwirte gerichtet. Im Gegenteil! Ich möchte den Landwirten helfen, vom Image wegzukommen, dass Landwirtschaft mit Gestank verbunden ist.
Die Einführung von Abgaskatalysatoren an Motorfahrzeugen hat gezeigt, wie mit relativ einfachen technischen Massnahmen ein Grossteil der stinkenden und schädlichen Bestandteile in den Abgasen eliminiert werden kann. Das ist auch mit den üblen Geruchserscheinungen beim Ausbringen von Jauche möglich. Das Ausbringen der Jauche mit teuren Schleppschlauchvorrichtungen ist zwar ein kleiner Beitrag dazu, jedoch nicht die Lösung. Als passionierter Velofahrer weiss ich, dass Jauche oft noch tagelang stinkt, ob mit oder ohne Schleppschlauch ausgetragen.
Das Problem beginnt bei der Aufbewahrung der Jauche. Kot und Harn von Nutztieren enthalten unverdaute Proteine (Eiweisse), die in den Jauchegruben anaerob (ohne Sauerstoff) umgewandelt und teilweise abgebaut werden. Dabei entstehen nebst Ammoniak übelriechende Stoffe, die wir mit unserer Nase bereits in kleinsten Mengen wahrnehmen. Das, was wir riechen, ist nicht Ammoniak, wie es im Artikel behauptet wird (ich weiss, wie Ammoniak riecht).
Durch mässige Zufuhr von Luft, regelmässiges Rühren der Jauche und mit Jauchezusätzen kann das Faulen der Jauche in den Jauchegruben weitgehend verhindert werden. Fazit: Jauche, die kaum mehr stinkt, die besser fliesst und den für die Pflanzen wichtigen Stickstoff nicht in Form von Ammoniak-Gas, sondern in Form von in der Gülle gelöstem Nitrat enthält. Ich habe verschiedene Rückmeldungen von fortschrittlichen Landwirten erhalten, die mir diesen Sachverhalt bestätigen.
Das Teuerste an diesen einfachen Massnahmen sind die Jauchezusätze. Diese enthalten Bakterien, welche auf natürliche Art den aeroben Abbau (Abbau mit Sauerstoff) fördern. Statt nur die Schleppschläuche zu subventionieren, sollte die Öffentlichkeit durch Beiträge diese Jauchezusätze fördern. Das ist doch im Interesse von allen, auch der Natur!
Hans Galliker, ehemaliger Chemie- und Biologielehrer, Buochs