Startseite
Solothurn
Kanton Solothurn
Auch wer 70 Prozent seiner Arbeitszeit als Koch arbeitet, kann hauptberuflich Schlagzeuger sein – und damit für Coronahilfe berechtigt. In etwa so lässt sich das bezeichnende Urteil zusammenfassen, welches das Verwaltungsgericht gefällt hat.
Doch!, sagt das Verwaltungsgericht. Der Solothurner Schlagzeuger, der während der Coronapandemie nicht auftreten konnte, ist für die Unterstützung berechtigt. Die Richter pfeifen mit dem Entscheid den Kanton zurück.
Wegen der Pandemie und den Einschränkungen, welche zu Konzertabsagen führten, konnte der Musiker keine Auftritte mehr wahrnehmen. Und die hatte er sonst regelmässig: Vor der Pandemiezäsur spielte er mit fünf Bands über 50 Konzerte jährlich, also praktisch jedes Wochenende.
Schwierigkeiten bereitet der Umstand, dass ein Künstler zwar über die Hälfte seiner «Normalarbeitszeit» für seine Kunst aufwenden und damit aber weniger als die Hälfte seines Lebensunterhalts verdienen kann. Für Coronahilfen berechtigt ist gemäss Verordnung, wer mindestens die Hälfte seiner Normalarbeitszeit für die künstlerische Tätigkeit aufwendet. Im Urteil heisst es dazu:
«Unklar ist dabei, was als ‹Normalarbeitszeit› gemeint ist. Die Erläuterungen geben dazu keine Auskunft und eine allgemein gültige Definition des Begriffes existiert nicht. [...] Eine ‹in der Branche übliche Stundenzahl› lässt sich unter Kulturschaffenden schlicht nicht definieren.»
Der Kanton Solothurn befand zunächst, dass der Mann als Koch arbeite und daher kein Anrecht auf Hilfsgelder hätte. Er kehrte die Überlegung bei seiner Bewertung um und ging von einer Höchstarbeitszeit von 50 Stunden aus. Wenn der Mann zu 70 Prozent als Koch arbeite, blieben ihm noch höchstens 15 Stunden für die künstlerische Tätigkeit. Er könne also unmöglich hauptberuflich als Kulturschaffender tätig sein, fand der Kanton.
Diese Argumentation des Amts für Kultur und Sport kritisiert das Verwaltungsgericht. Denn die Verordnung definiere, wie viel Zeit für die künstlerische Tätigkeit tatsächlich aufgewendet wird – unabhängig davon, wie viel Zeit neben einer anderen Tätigkeit dafür theoretisch zur Verfügung stehe.
Das Verwaltungsgericht hiess daher die Beschwerde des Schlagzeugers gut. Wie hoch die Unterstützung konkret ausfällt, hat indes der Kanton zu entscheiden. Unmissverständlich schreiben die Richter im Urteil:
«Wie der Beschwerdeführer zudem zu Recht ausführt, hat die Auslegung der Vorinstanz zur Folge, dass Kulturschaffende, die über die in üblichen Arbeitsbereichen geltende Höchstarbeitszeit hinaus grosses Engagement zeigen, keinen Anspruch auf Unterstützung haben.»
Stütze man sich auf den gesetzlichen Begriff der Höchstarbeitszeit, trage man den Besonderheiten der Kulturbranche zu wenig Rechnung.