Bis zum 4. März ist die erste Etappe der Thursanierung bei der Gemeinde Wattwil aufgelegt. Die Interessengemeinschaft Vernünftiger Hochwasserschutz Thur übt bereits Kritik. Weil viele Inputs aus der Mitwirkungsphase nicht beachtet worden seien, bezeichnet die IG diese als «Alibiübung».
Die ersten Massnahmen der Thursanierung liegen derzeit bei der Gemeinde Wattwil auf. Noch bis 4. März können dort Einsprachen platziert werden. Die Interessengemeinschaft Vernünftiger Hochwasserschutz Thur (IG VH Thur), welche vergangenen Mai eine Überarbeitung des Projekts forderte, hat sich nun erneut kritisch zu den geplanten Massnahmen geäussert.
Sie kritisiert, dass von den 50 Rückmeldungen aus dem Mitwirkungsverfahren im Frühling 2022 lediglich die Umgebungsgestaltung bei den Hochhäusern angepasst wurde. Dabei sei auch negatives Feedback zu den Themen Landverbrauch, Kosten oder Sicherheit eingegangen. «Wir finden es unangemessen, dass der Kanton trotz zahlreicher Eingaben fast vollumfänglich an seinen Plänen festhält», sagt Wendelin Brand von der IG VH Thur auf Anfrage. Die IG bezeichnet die Mitwirkung der Bevölkerung als «Alibiübung».
Philipp Gyr, Projektleiter Wasserbau beim kantonalen Amt für Wasser und Energie, hat dieser Zeitung gegenüber Stellung genommen. Er sagt, dass sich viele Eingaben auf das Gesamtprojekt bezogen hätten. Für dieses werde ein separates Mitwirkungsverfahren durchgeführt. Dann würde auch die Umsetzungsmöglichkeit der entsprechenden Eingaben geprüft. Er fügt an: «Die gesetzlichen und technischen Vorgaben des Hochwasserschutzprojektes lassen es aber leider nicht zu, alle Eingaben zu berücksichtigen.»
Weiter kritisiert die Interessengemeinschaft, dass die Thursanierung einen enormen Landverschleiss mit sich bringe. Allein für die erste Etappe müssen die Anstösser über 5000 Quadratmeter Land abgeben. Das gesamte Projekt verschlinge gar 60'000 Quadratmeter Land, was etwa neun Fussballfeldern entspreche.
IG-Vorstand Emil Zwingli sagt, wie man sich derzeit verhalte, sei für uns und unsere Nachwelt absolut nicht enkeltauglich. Es sei unsere Pflicht, den Bodenverschleiss auf einem Minimum zu halten. Denn Boden sei nicht vermehrbar.
«Uns frustriert, dass die Umweltverbände so tun, als ob sie die Umwelt schützen wollen, aber mit diesem Projekt tun sie das Gegenteil.»
Projektleiter Philipp Gyr bestätigt, dass mit der Verbreiterung des Flussbetts Kulturland beansprucht werden müsse. «Uns ist bewusst, dass da verschiedene Interessen aufeinanderstossen. Es muss eine Abwägung der Interessen der Landwirtschaft und der Vorgaben des Gewässerschutzgesetzes gemacht werden.»
Die IG VH Thur schreibt zudem, dass die Thursanierung die Klimaerwärmung fördere. Das Flussbett der Thur werde teils bis zu 40 Meter verbreitert, was es bei normalem Wasserstand in eine hässliche Steinwüste verwandle. Weiter sei geplant, die Mehrheit der Alleebäume entlang der Thur zu fällen. «Die Niederschlagsarmut, fehlender Schatten und die neu geschaffene Steinwüste bilden eine toxische Kombination», schreibt die IG in ihrer Mitteilung. Dies habe zur Folge, dass sich das Flusswasser erhitze, was wiederum zu regelmässigen Notabfischungen und negativen Auswirkungen auf das Klima führe.
Philipp Gyr bestätigt, dass der grösste Teil der Alleebäume gefällt werden müsse. Während der Bauarbeiten werde aber eine neue Allee mit neuen, standortgerechten Bäumen gepflanzt. «Wir prüfen auch, ob sich einzelne, bestehende Bäume versetzen lassen.» Zur von der IG angesprochenen «Steinwüste» sagt Gyr, dass mit den Kiesbänken neue, ökologisch wertvolle Lebensräume entstünden, gemäss Vorgabe des Gewässerschutzgesetzes.
Wendelin Brand von der IG Thur fügt an:
«Bis eine neue Allee entstanden ist, dauert es fünfzig Jahre. Bis dahin gibt es nur wenig Schatten.»