Tierwelt
Wildlife Seerücken: Jagd- und Fischereiexperte Roman Kistler über Wölfe, Gämse und Wildschweine an Untersee und Rhein

In den Thurgauer Wäldern gibt es viele Wildtiere. Vom bekannten Biber bis hin zum grossen Rothirsch. Auf dem Seerücken beispielsweise leben 40 Gämsen. Experte zum Thema ist Roman Kistler, Amtsleiter der Jagd- und Fischereiverwaltung Thurgau. In Steckborn hat er Unbekanntes zu den hiesigen Wildtieren preisgegeben.

Margrith Pfister-Kübler
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Eine Fotofalle hat einen Baummarder in Herdern festgehalten.

Eine Fotofalle hat einen Baummarder in Herdern festgehalten.

Bild: Roman Kistler

Biber, Füchse und Bisamratten, aber auch Rothirsche, Wölfe und sogar Gämse – sie alle gehören zur Thurgauer Tierwelt. Sie faszinieren, aber bieten auch Konfliktpotenzial. Etwa die Bisamratte, die den Diessenhofer Geisslibach bei ihrer Suche nach Muscheln durchlöchert. Oder der Wolf, der nach 1908 zurück in die Schweiz gekommen ist.

In der Schweiz gibt es 20 Wolfsrudel, auch im Thurgau sind sie unterwegs. Aufnahmen von Fotofallen zeigen die Tiere in Frauenfeld, Fischingen, Uesslingen, Thundorf, Hohentannen, Berg und Bischofszell. Im Jahr 2020 musste der Wolfsrüde M109 geschossen werden, weil er in der Ostschweiz etwa 15 Schafe gerissen hat.

Konflikte mit Land- und Forstwirtschaft

Roman Kistler, Amtsleiter Jagd- und Fischereiverwaltung Kanton Thurgau.

Roman Kistler, Amtsleiter Jagd- und Fischereiverwaltung Kanton Thurgau.

Bild: Andrea Stalder

«Der Mensch gehört nicht ins Beuteschema des Wolfes», sagt Roman Kistler, Amtsleiter der Jagd- und Fischereiverwaltung Thurgau. «Aber der Wolf ist ein Wildtier und wird sich immer wehren.» Der Experte hat an der Volkshochschule Steckborn einen Vortrag gehalten zur Populationsgeschichte von Tierarten, die der Jagdgesetzgebung unterstehen.

Der Vortrag gehörte zur Serie Tierwelt. Kistler fokussierte sich auf Wildtiere, die im Thurgau und speziell auf dem Seerücken leben. So auch der Luchs, zumindest zeitweise. Die Rückkehr der Raubkatze ist mit Aussetzungen ab 1971 in den Alpen, 1974 im Jura und ab 2001 in der Nordostschweiz gefördert worden. In den Kantonen Thurgau, St.Gallen und Zürich gibt es gemäss Kistler etwa 22 Luchse.

Eine Fotofalle hat einen Luchs in Salenstein festgehalten.

Eine Fotofalle hat einen Luchs in Salenstein festgehalten.

Bild: Roman Kistler

Das führte jedoch auch zu Zusammenstössen mit den Menschen. 2009 ist in Tägerwilen ein verwaister Jungluchs tot aufgefunden worden. «Vermutlich wurde er angefahren», sagt Kistler. Zwei Jahre später hat in Salenstein ein Luchs ein Schaf gerissen. Sechs Monate verweilte er in der Gegend, dann ist er wieder verschwunden.

Auf dem Seerücken ein unerwarteter Gast ist die Gams. «Sie sind speziell im Bereich Berlingen, Steckborn und Salentstein anzutreffen», sagt Kistler. Einzelne Beobachtungen gibt es auch mitten im Kanton, etwa in Frauenfeld, Pfyn und Egnach. Plausibel erklären, woher die Gämse kommen, kann allerdings niemand, wie Kistler anfügt.

«Ausgesetzt wurden sie in dieser Gegend nie.»

In den 1960er-Jahren entdeckte man drei bis vier Tiere, heute sind es 30 bis 40. Gämse gibt es auch am Rodenberg. Man geht davon aus, dass sie aus dem Schwarzwald stammen. Doch dass sie sich mit den Gämsen auf dem Seerücken vermischt haben, dafür gibt es keine Anzeichen, sagt Kistler. Konflikte gibt es mit der Forstwirtschaft, die Gämse fressen landwirtschaftliche Kulturen an.

Thurgau hat hohe Wildsauendichte

Eine Fotofalle hat ein Wildschwein in Berlingen festgehalten.

Eine Fotofalle hat ein Wildschwein in Berlingen festgehalten.

Bild: Roman Kistler

Gar nicht selten im Apfelkanton ist der Rotfuchs, der sich gerne an Futternäpfen von Katzen gütlich tut, sowie auch die Wildsau. Sie ist oft für Schäden in der Landwirtschaft verantwortlich. Die erforderlichen Entschädigungen belaufen sich auf bis zu 450’000 Franken. Was für heiteres Gemurmel im Saal der Volkshochschule sorgt, ist der Fakt, dass die weiblichen Wildsauen die Anführer sind. Kistler sagt:

«Die Männchen haben nicht so viel zu melden.»

Der Rothirsch, das grösste Huftier, konnte bis Anfang der 1980er-Jahre auf dem Seerücken beobachtet werden. Besonders im Raum Diessenhofen und dem Güttingerwald. Derzeit bewegen sich die Tiere bevorzugt im Hinterthurgau.

In den Thurgauer Wäldern muss man indes keine Angst vor Bären haben. Kistler erklärt, dass der Apfelkanton Thurgau dem Braunbär keinen geeigneten Lebensraum biete. Auch Wilderer sind hier kaum anzutreffen. «Vor zehn Jahren hatten wir im Thurgau einen Wilderer-Fall. Da haben zwei Personen unberechtigt Tiere geschossen», erzählt Kistler. In den Alpenkantonen jedoch treiben Wilderer noch ihr Unwesen.