Region
«Keine schönen Momente»: Warum Wildunfälle sofort gemeldet werden sollten

Im Winter kommt es besonders oft zu Wildunfällen. Die Jagdaufseher in der Region appellieren deshalb an Autofahrerinnen und -fahrer, gerade in Waldnähe aufmerksam unterwegs zu sein, das Tempo anzupassen – und vor allem sofort eine Meldung zu machen, sollte es trotzdem einen Unfall geben. Auch wenn für die Jagdaufseher selbst dann eine unangenehme Situation folgt.

Nadine Böni
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Gerade in der Nähe von Wäldern ist die Gefahr eines Wildunfalls gross.

Gerade in der Nähe von Wäldern ist die Gefahr eines Wildunfalls gross.

Andreas Haas/Imago Images

Durchschnittlich sechsmal pro Tag passiert es im Kanton Aargau: Ein Wildtier stösst mit einem Auto oder einem anderen Fahrzeug zusammen. Insgesamt 2099 Wildunfälle wurden kantonsweit innerhalb eines Jahres verzeichnet. Die Zahlen stammen dabei von 2021, jene für 2022 liegen noch nicht vor.

Die dunkle Jahreszeit ist dabei besonders gefährlich: Durch die frühe Dämmerung sind die Tiere schon während des Feierabendverkehrs unterwegs. Und Kälte und Eis bringen noch ein weiteres Phänomen: Auf einigen Strassen sind von den Winterdienst-Einsätzen Salzreste liegen geblieben. «Rehe schlecken diese gerne auf und begeben sich so in Gefahr», sagt Marcel Senn, Jagdaufseher im Revier Laufenburg-Sulz.

Keine schönen Momente

Senn musste in den vergangenen Wochen zu mehreren Wildunfällen ausrücken. Zuletzt Mitte Woche, als bei Rheinsulz ein Wildschwein mit einem Postauto kollidierte. Bei der Nachsuche mit dem Hund konnte das Tier aufgefunden werden. Es war so schwer verletzt, dass der Aufseher es erlösen musste. «Das sind natürlich keine schönen Momente», sagt Senn.

Auch Thomas Winter, Jagdaufseher in Kaisten, geht es jeweils so. «Obwohl wir immer wieder mit solchen Situationen konfrontiert sind, gehen sie nicht spurlos an einem vorbei», sagt er. Besonders unangenehm sei es, wenn ein Wildunfall im Feierabendverkehr passiere und er das Tier unter den Augen vieler Beobachterinnen und Beobachtern erlösen müsse. Wobei Senn auch sagt:

«Gleichzeitig empfinde ich jeweils auch eine gewisse Erleichterung, weil ich weiss, dass das Tier nicht noch stunden- oder tagelang leiden muss, bevor es stirbt.»

Mitentscheidend dabei ist, dass ein Wildunfall sofort gemeldet wird. Entweder über einen Anruf bei der Polizei, die dann den zuständigen Jagdaufseher aufbietet oder über die Smartphone-Applikation «AG Jagdaufsicht». Dazu sind Lenkerinnen und Lenker rechtlich verpflichtet. Tun sie das nicht, droht ihnen eine Busse.

Die meisten Lenkerinnen und Lenker, die einen Wildunfall erleben, würden diesen sofort melden, sagen sowohl Senn als auch Winter. Aber eben nicht alle. Winter erzählt von einem Fall im Hardwald. Ein Passant habe gemeldet, dass dort ein verletztes Tier auf der Strasse liege. «Als ich vor Ort eintraf, war es tot – überfahren von mehreren weiteren Fahrzeugen, ohne, dass sich jemand gemeldet hätte», sagt Winter.

Ohne Meldung keine Unterschrift

Das Unverständnis ist aus seinen Worten herauszuhören. «Das muss am Ende jeder und jede mit sich selber ausmachen», sagt er und fügt an: «Wir wären auch froh, wenn uns in einer Notsituation jemand hilft. Das sollten wir uns bewusst sein.» Die Jagdaufseher bedanken sich daher bei allen, die Wildunfälle oder verletzte Tiere melden.

Und sie sind konsequent mit jenen, die es nicht tun. Damit ein Wildunfallschaden von der Versicherung gedeckt wird, braucht es eine Bestätigung des Jagdaufsehers. Verlangen Lenkerinnen oder Lenker nach einem nicht gemeldeten Unfall eine Bestätigung, gehen sie leer aus. «Stattdessen verweisen wir sie an die Polizei», sagt Senn.