Armin Arnold aus Muri liegen die Natur und ihre Lebewesen sehr am Herzen. In einer AZ-Serie gibt er einmal im Monat Tipps, wie Gemeinden und Gartenbesitzende mit kleinem Aufwand die Biodiversität fördern können. Der erste Teil dreht sich ums Thema Totholz.
Wenn die Temperaturen zwischen den Kaltfronten wieder steigen und der Blick in den Garten mal nicht vom Nebel getrübt wird, dann juckt es viele Gartenbesitzerinnen und -besitzer in den Fingern. Bevor es zum nächsten Mal schneit, könnte man noch ein paar Arbeiten erledigen, für die die Zeit im Herbst nicht gereicht hat: das tote Gehölz aus dem Steingarten entfernen, den alten Baum fällen, der nicht mehr so schön aussieht, oder die dürren Äste aus den Büschen schneiden.
Doch was viele Leute nicht wissen: Totholz ist nicht tot und demzufolge auch nicht nutzlos. Und es dient zu vielem mehr als bloss dem Verfeuern. Alt- und Totholz trägt in grossem Masse zur biologischen Vielfalt, der Biodiversität, bei.
Es bildet in all den verschiedenen Erscheinungsformen und Zersetzungsgraden, die sich über Jahrzehnte erstrecken können, Lebensgrundlagen für viele bedrohte Arten wie beispielsweise Pilze, Buntkäfer, Bockkäfer, Spechte, Fledermäuse, Amphibien. Besonders jetzt, wenn die Möglichkeit besteht, dass erneut Schnee fallen könnte, sind sie auf einen solchen Unterschlupf angewiesen.
Einer von ihnen ist der sehr seltene Juchtenkäfer, auch Eremit genannt. Damit er überleben kann, braucht er Baumhöhlen mit Mulm (zersetztes Holz). Unter den xylobionten (holzbewohnenden) Käferarten, befinden sich nebst ihm 118 weitere auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten der Schweiz.
Nebst Käfern nützen auch mehrere Fledermausarten Höhlen und Rindentaschen von Biotopbäumen als Unterschlupf. Die Wasserfledermaus zum Beispiel benötigt diese als Sommerquartier. Das Weibchen der Hohltaube legt seine zwei Eier in die von Schwarzspechten gemeisselten Höhlen.
Heutzutage wird vielerorts bereits aktiv über die ökologische Bedeutung von Totholz informiert. Auch im Kanton Aargau gibt es Projekte, die diese Art der Biodiversitätssteigerung fördern. Dennoch kommt es oft vor, dass im öffentlichen Raum oder in privaten Gärten Bäume und damit viele wertvolle Kleinstrukturen entfernt werden.
Dabei könnte man mit wenig Aufwand bereits viel erreichen. Muss beispielsweise ein Baum aus Sicherheitsgründen gefällt werden, könnte man den Strunk stehen lassen und damit einer bedrohten wirbellosen Gemeinschaft weiterhin einen Lebensraum bieten.
Einen wichtigen Beitrag zur Förderung von totholzliebenden Arten können also alle leisten: Privatpersonen, Gemeinden, Hauswartspersonal, die Landwirtinnen und Landwirte oder auch Verantwortliche einer Liegenschaftsverwaltung. Einfach mal etwas mehr liegen lassen oder den alten, scheinbar unrentablen Obstbaum nicht fällen. Oder auch mal etwas Holz an einem sonnigen Standort stapeln. So können mit wenig Aufwand Totholzinseln geschaffen werden.
Solche kleinen Massnahmen helfen nicht nur unzähligen Tieren und Insekten beim Überleben, sie fördern auch die Biodiversität. Sie reduzieren den CO2-Ausstoss und schliessen den Kreislauf des natürlichen Lebenszyklus des Holzes. (az)